Die psychische Gesundheit von Lernenden erhalten und fördern

Alle Studien zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Jugendliche kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Die Arbeit im Homeoffice, die nur eingeschränkt möglichen Treffen mit Freunden, der fehlende Vereinssport und monatelang keine einzige ausgelassene Party haben den Jugendlichen viel abverlangt. Zunehmend hat die Corona-Krise deswegen gravierende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der jungen Menschen.

Kinder- und jugendpsychiatrische Dienste sind aktuell komplett ausgelastet. Auch Beratungsdienste erleben eine massive Zunahme an Hilfegesuchen. Anfragen zum Thema «Einsamkeit» stiegen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 37%. Anfragen zum Thema «Freunde verlieren» um ganze 93%. Beratungen zum Thema «psychische Erkrankung» nahmen mit Beginn der 2. Welle (Oktober bis Dezember 2020) um ganze 40% zu.

Die Pandemie belastet natürlich auch die Eltern und somit ganze Familien. Kurzarbeit oder Arbeitsplatzverlust führen zu finanziellen Engpässen und Existenzängsten. Enge Wohnverhältnisse ohne Ausweichmöglichkeiten verschlechtern das Familienklima und erhöhen das Risiko von Konflikten und sogar häuslicher Gewalt. So wurde im Jahr 2020 wesentlich mehr Unterstützung wegen innerfamiliärer Probleme bei den zuständigen Beratungsdiensten angefordert. Insbesondere bei Jugendlichen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien sinken die Lernqualität, die schulischen Leistungen, der Bildungserfolg und damit auch die Jobaussichten nach der Lehre. (Quelle: Pro Juventute, Corona-Report, Februar 2021)

Wie können Berufsbildungsverantwortliche ihre Lernenden unterstützen?

Jugendliche, denen es gut geht, lernen besser, sind motivierter und können mehr Leistung erbringen. Wenn Menschen krisenartige Situationen, wie zum Beispiel die Corona Pandemie erleben, ist es äusserst wichtig, dass mindestens ein Bereich ihres Lebens so stabil wie möglich bleibt. Eine Art «Landkarte» für unterstützendes Berufsbildner-Handeln bietet das Konsistenzmodell des deutschen Psychologen Klaus Grawe. Er beschreibt darin vier Grundbedürfnisse, die für Lernende (und Menschen generell) in ausreichendem Mass befriedigt sein müssen. Nur so wachsen sie gesund auf und können motiviert arbeiten:

  • Selbstwerterhöhung durch Zuwendung, Interesse, bestärkendes Feedback, fairen Umgang, Anerkennung und Wertschätzung
  • Zugehörigkeit durch wohlwollende Beziehungen auf Augenhöhe, regelmässigen Austausch, gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen
  • Orientierung, Sicherheit und Kontrolle durch sorgfältig ausgewählte und vollständige Information, klare Regelungen, nachvollziehbare Anweisungen, erreichbare Ziele, Handlungs- und Gestaltungsspielräume und die Möglichkeiten zur Mitsprache
  • Arbeitsfreude und Spass (Lustgewinn) durch interessante, herausfordernde Aufgaben mit Erfolgserlebnissen, Berücksichtigung der Vorlieben der Lernenden oder der besonderen Fähigkeiten, Humor

Wo erhalten Berufsbildungsverantwortliche Unterstützung?

«Friendly Work Space Apprentice»

Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz hat für Berufsbildungsverantwortliche ein konkretes Angebot zur Förderung der psychischen Gesundheit von Lernenden entwickelt. Das Angebot «Friendly Work Space Apprentice» unterstützt Berufsbildungsverantwortliche dabei:

  • eine gesunde Entwicklung der Lernenden zu ermöglichen, damit sie gut in die Arbeitswelt einsteigen können und gesund bleiben
  • Probleme – auch psychischer Natur – frühzeitig zu erkennen und mit Herausforderungen von Lernenden altersgerecht umzugehen
  • Verständnis aufzubringen, wie sich Lernende in gewissen Situationen verhalten
  • den Übergang der Lernenden ins Arbeitsleben erfolgreich zu begleiten
  • Verantwortungs- und Selbstbewusstsein der Lernenden zu fördern
    In den kostenlos zur Verfügung gestellten Online-Werkzeugkisten finden Berufsbildungsverantwortliche:
  • Fallbeispiele zur Förderung und Entwicklung von Lernenden
  • Informationen zur Führung von Lernenden, zu Besonderheiten des Jugendalters, zu Aufgaben und Stress, zu Motivation und Leistung sowie Checklisten, Links und Literaturtipps
  • Fallbeispiele, wie Lernende in herausfordernden Situationen unterstützt werden können.

Das Angebot umfasst zudem einen Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten und anderen Fachpersonen, ein Weiterbildungs- und ein Beratungsangebot.

Weitere Informationen zu «Friendly Work Space Apprentice»

Workshop: Psychische Gesundheit stärken

ZEPRA bietet am Donnerstag, 11. November 2021, 08:30 – 12:00 Uhr, eine Fortbildung für Führungskräfte an:

Mitarbeitende mit einer psychischen Erkrankung sind keine Seltenheit. Fast jede zweite Person erkrankt im Laufe ihres Lebens einmal an einer psychischen Krankheit. Die Betroffenen fallen im Betrieb häufig durch eine nachlassende Leistung oder ein verändertes Verhalten auf. In diesem Workshop lernen Sie, was Sie als Führungskraft präventiv tun können und wie Sie bei Auffälligkeiten konstruktiv intervenieren.

Informationen und Anmeldung

Kampagne: «Alles im grünen Bereich»

10 Impulse für psychische Gesundheit beim Arbeiten

Das Forum BGM Ostschweiz und das Ostschweizer Forum für Psychische Gesundheit haben für Ostschweizer Betriebe eine kostenlose Kampagne zur Förderung der psychischen Gesundheit beim Arbeiten entwickelt. Die Elemente der Kampagne umfassen:

  • Sammelmappe für Führungspersonen (mit Broschüren, Informationsblättern, Vorlagen und Film)
  • Informationsbroschüre für Mitarbeitende
  • Giveaway für Mitarbeitende (Wechselbildkarten)
  • Aushängeplakate im Format A4
  • Betriebsinterne Schulungen und Referate

Informationen und Bestellung

Weitere Unterstützungsangebote

Ostschweizer Forum für Psychische Gesundheit
Hier finden Sie ein Online-Verzeichnis für Hilfsangebote:
ofpg.ch/notfall-hilfe-finden

Dureschnufe.ch
Hier finden Sie weitere Tipps und Angebote zur Pflege der persönlichen psychischen Gesundheit. Zum Beispiel zu den Themen Familie, Isolation und Einsamkeit, finanzielle Sorgen usw.
dureschnufe.ch

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