Für eine starke Suchtprävention im Kanton

Der St.Galler Kantonsrat hat im Februar 2013 die Regierung eingeladen, ein kantonales Suchtpräventionskonzept zu konkretisieren. Dieses sollte auch den substanzunabhängigen Süchten die gebotene Beachtung schenken und die Kostenfolgen der im Konzept priorisierten Massnahmen aufzeigen. Diesem Parlamentsauftrag kommt die Regierung mit dem nun vorliegenden Konzept nach. Die im Konzept vorgeschlagenen Massnahmen ergeben sich aus einer Bedarfserhebung bei Akteurinnen und Akteuren, die auf regionaler sowie kantonaler Ebene aktiv sind. Eine detaillierte Problemlastanalyse sowie wissenschaftliche Empfehlungen für wirksame Interventionen der Suchtprävention bilden die weiteren Grundlagen. Die Massnahmen fokussieren folglich auf den fachlich ausgewiesenen Bedarf für eine umfassende und wirksame Suchtprävention im Kanton St.Gallen.

Was zeigt das St.Galler Konzept auf?

Um zu wissen, wo Massnahmen benötigt und Investitionen sinnvoll sind, braucht es eine Analyse der Verteilung der Problemlast. Das vorliegende Konzept zeigt dies auf, und zwar für die Risiken Alkohol, Tabak, Cannabis, Medikamente, illegale Substanzen (Kokain, Heroin) sowie bei Glücksspielen und der Internet-Nutzung (Games, Sex und Pornografie). Grundlage hierzu sind nationale und kantonale Befragungen, etwa von 1'717 St.Galler Schulkindern im Jahr 2014. Die Analyse ergibt, dass bestehende Angebote, beispielsweise im Bereich der Alkohol- und Tabakprävention für Kinder und Jugendliche, nach wie vor wichtig sind. Neue Themen und Herausforderungen, wie zum Beispiel digitale Medien oder Onlinesucht, andere Verhaltenssüchte (zum Beispiel Medikamentenmissbrauch) oder das erhöhte Suchtrisiko bei Lebensübergängen (Sucht im Alter) erfordern zusätzliche Massnahmen.

Wer betreibt im Kanton St.Gallen Suchtprävention?

Suchtprävention ist eine Querschnittsaufgabe, für die es gesetzliche Grundlagen gibt. Im Kanton St.Gallen sind die Aufgaben und Zuständigkeiten der Prävention im Gesundheitsgesetz aus dem Jahr 1979 festgelegt. Das Suchtgesetz aus dem Jahr 1999 hält fest, dass der Staat Fachstellen für Suchtprävention betreibt. Auch die Gemeinden sollen sich gemäss Gesundheitsgesetz in der Prävention engagieren.

Das neue Suchtpräventionskonzept zeigt die vielfältigen Aktivitäten im Kanton auf. Mit Suchtprävention sind Fachstellen, Schulen und die Kantons- und Stadtpolizei, aber auch private Stiftungen und Organisationen wie etwa die Lungenliga befasst. Das breite Spektrum ist mit anderen Kantonen vergleichbar. Doch der Umfang und die Intensität der Programme und Aktionen sind im Vergleich teils erheblich geringer. Unzureichend ist vor allem der Zugang zu wichtigen Adressaten wie Erziehungsberechtigten, Jugendlichen, Migrantenfamilien oder älteren Menschen. Hier besteht im Kanton St.Gallen Handlungsbedarf.

Was wünschen sich die Fachleute?

Mehr Sachlichkeit, weniger Ideologie: Das ist der Wunsch, der sich in den Workshops mit den Fachpersonen aus dem Kanton herauskristallisiert hat. Die Debatte um Massnahmen zur Suchtprävention soll nicht von Weltanschauungen und Meinungen, sondern von klaren Problemstellungen und Evidenzen geprägt sein. Gefragt sind wenige, aber vollzugsfähige Gesetze, eine Bündelung der Kräfte, damit Synergien möglich sind sowie eine verstärkte Koordination und Kooperation für mehr Effizienz und Wirksamkeit. Als vordringlich erachten die Fachleute neue Unterstützungsangebote für junge Eltern sowie Programme im Bereich Medikamentenkonsum und Sucht im Alter.

Was müssen wir tun?

Das Konzept schlägt Verbesserungen in den Bereichen Vernetzung und Koordination sowie einen mehrjährigen «Aktionsplan Suchtprävention» vor. So sollen Lücken in der Zusammenarbeit geschlossen werden, damit sich die regionalen und kantonalen Akteurinnen und Akteure institutionsübergreifend abstimmen können. Der Vorschlag einer kantonalen digitalen Plattform «Suchtprävention», die als Angebots-Drehscheibe fungiert, dient einem optimierten Zugang zu den bestehenden Angeboten. Der auf sieben Jahre ausgelegte Aktionsplan sieht Unterstützungsangebote für Eltern von Kleinkindern und verstärkte Massnahmen für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 15 Jahren im Bereich digitale Medien, Onlinesucht und stoffungebundene Süchte vor. Weiter sind Massnahmen in den Bereichen Alter und Sucht sowie Medikamentenmissbrauch geplant. Hier steht die Sensibilisierung für die Risiken im Vordergrund. Schliesslich soll ein kantonales Monitoring Qualität und Wirkung der vorgeschlagenen Massnahmen gewährleisten.

Was kostet das, und wer soll es bezahlen?

Das Konzept veranschlagt die Kosten der dargelegten Massnahmen auf 318‘000 Franken pro Jahr. Es sind zur Hauptsache Personalkosten. Dafür müssen aber nicht ausschliesslich Budgetmittel des Kantons beansprucht werden. So kann die digitale Plattform Suchtprävention über den kantonalen Alkoholzehntel finanziert werden. Der zusätzliche Mittelbedarf aus dem Alkoholzehntel beträgt 57‘000 im ersten und 29‘000 in den Folgejahren.

Was ergab die Vernehmlassung?

Im Sommer 2017 hat die Vernehmlassung zum kantonalen Suchtpräventionskonzept stattgefunden. Es wurden insgesamt 150 Adressatinnen und Adressaten eingeladen. Der Rücklauf betrug ca. 33 Prozent, das entspricht 51 Stellungnahmen. An der Vernehmlassung teilgenommen haben verschiedene Parteien, Gemeinden, Departemente, Fachstellen (Suchtberatungsstellen sowie weitere Fachstellen) und Verbände. Die eingegangen Stellungnahmen fielen grösstenteils positiv aus: 85% der Antwortenden bewerten das Konzept als überzeugend, fundiert und umfassend. Die beschrieben Handlungsfelder werden als stimmig, nachvollziehbar und zielführend bezeichnet. Insbesondere die Fachpersonen sprechen sich für die vorgeschlagenen Massnahmen aus und unterstützen deren Umsetzung. Viele Anregungen trugen zur fachlichen Optimierung des Konzepts bei. Speziell positiv betont wurde wiederholt, dass die Thematik «Sucht im Alter» angegangen werden müsse und dass die «Frühe Förderung» im Konzept verankert sei. Zusammenfassend kann folglich festgehalten werden, dass ein vermehrtes Engagement im Bereich Suchtprävention vom grössten Teil der Antwortenden begrüsst und als notwendig erachtet wird.

Fazit: Ein Konzept für mehr Gesundheit

Kanton, Gemeinden und private Anbieter leisten bereits heute wichtige Suchtpräventionsarbeit in vielen Bereichen. Die Akteurinnen und Akteure verfügen jedoch meistens nicht über die Kapazitäten und das Fachwissen, neue Themen – insbesondere Verhaltenssüchte – aufzugreifen. Für eine wirksame und umfassende Suchtprävention im Kanton St.Gallen ist deshalb von zentraler Bedeutung, dass bestehende Massnahmen weitergeführt und neue Massnahmen, die bestehende Lücken schliessen, realisiert werden können.

Mit vergleichsweise geringen Kosten können Risiken besser erkannt, vermindert und vermieden werden. Investitionen in Präventionsmassnahmen sind rentabel. Es gibt detaillierte Berechnungen, weshalb sich Suchtprävention lohnt: So kommt jeder Franken, der in die Tabakprävention investiert wird, volkswirtschaftlich 41 Mal zurück – in Form von weniger Krankheiten und weniger Absenzen am Arbeitsplatz. Beim Alkohol ist das Verhältnis 1 zu 23, im Bereich der Frühen Förderung, also der unspezifischen Suchtprävention, beträgt es 1:2,5 bis 1:16,6. Suchtprävention ist daher eine gute Investition. Sie wirkt nicht unmittelbar, aber dafür nachhaltig. Die Massnahmen und der Aktionsplan sind Investitionen in die Zukunft, die sich lohnen. Suchtprävention hilft nicht nur Leiden von Betroffenen und deren sozialem Umfeld zu vermindern und zu vermeiden, sondern entlastet auch den öffentlichen Haushalt nachhaltig.

Über das von der Regierung vorgeschlagene Suchtpräventionskonzept wurde in der Februarsession 2018 debattiert. Das Suchtpräventionskonzept soll umgesetzt werden, jedoch ohne Mehrausgaben.

Informationen zum politischen Geschäft (www.sg.ch)

 

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